475 Jahre – Ein Rückblick
Von den ersten Anfängen der Schützengesellschaft in Seulberg ist leider nichts überliefert. Allerdings trifft man in den Städten und Dörfern der näheren Umgebung gerade zu auf eine Zusammenballung alt ehrwürdiger Schützenformationen, wie z.b. Homburg 1390, Kronberg 1398, Usingen 1422 und Oberursel 1464. Es kann davon ausgegangen werden, dass in Seulberg unter ähnlichen Umständen und kaum wesentlich später eine Schützenkompanie gegründet wurde. Das Jahr 1524 bringt uns die erst urkundliche Nachricht von dem Bestehen einer Schützengesellschaft in Seulberg. Die Stadtkasse Homburg verausgabte nämlich drei Albus für ein Viertel Wein, welches ihren Schützen dargereicht wurde, als sie von dem Seulberger Schießen zurückkehrten In dieser ersten urkundlichen Erwähnung wird vom „Seulberger Schießen“ gesprochen. Gemeint ist das Schützenfest, das alljährlich größte Fest Seulbergs, der Höhepunkt des Schießjahres. Das zeigt, dass die „Schützenkompagnie“ neben ihrer möglichen militärischen Aufgabe eine beachtliche gesellschaftliche Bedeutung hatte. Am Beispiel der Einladung zu einem „freien Haubt-und Ritter-Schießen“ am27.Juli 1716 in Homburg lässt sich zeigen, dass gar nicht jeder ein Schütze werden konnte: Nur höchstens zwei Schützen durften aus einer Büchse schießen. Das zwang jeden ,sobald als möglich zum Kauf einer eigenen Waffe. Bedenkt man, wie wenig bares Geldes damals gab, dann wird klar, dass die Schießkunst nur Wohlhabenden Offenstand. Entsprechend wird in der Einladung dann auch von „den Herrn Schützen“ gesprochen; Schützen waren eben „Herrn“ und nicht irgendwer. Eigenartig ist das Verhältnis der Seulberger Schützengesellschaft zur staatlichen und örtlichen Verwaltung gewesen. Sicher darf man davon ausgehen, dass die Mitgliedschaft freiwillig war. Trotzdem nennt sie sich noch1857 „Schützengesellschaft der Gemeinde Seulberg“. Dies und die wichtige Rolle, die Schultheiß oder Bürgermeisterspielten, deutendaraufhin,dassnochum1850dieGesellschafteine Art „halböffentliche Institution“ war. Dementsprechend wendet sich die Verleihung von Fahnen und Privilegien, die Stiftung eines Denksteins, die Gewährung von Zuschüssen durch die Landgrafen von Hessen-Homburg nicht nur an die Schützengesellschaft. Sie sind ebenso Ausdruck „für die der Gemeinde zur Teil gewordene hohe Gnade“. Die eigenartige Verquickung der Schützengesellschaft mit der politischen Verwaltung hat sich in modernisierter Form erhalten: Bis heute ist der Bürgermeister kraft Amtes 2.Schützenmeister,d.h.zweiter Vorsitzender der Schützengesellschaft Seulberg. Außerdem ist „Schießen“ nicht nur ein Vereinsfest sondern das Heimat- und Schützenfest ganz Seulbergs. Das dabei durchgeführte „Freiheitsschießen“ ist zwar eine Veranstaltung der politischen Gemeinde, es wird aber ausgerichtet von der Schützengesellschaft. Der Bürgermeister beruft einen „Siebener-Ausschuß“, der nach altem Schützenbrauch das Freiheitsschiessen überwacht .Das Recht zum Freiheitsschiessen hat Seulberg mindestens seit 1732. Im gleichen Jahr wurde von dem Landgrafen die älteste „Freiheitsfahne“ an die Seulberger Schützen verliehen; und selbst 1848 forderte und erhielt man eine dritte, die prächtigste Fahne. Innerhalb von 125Jahren hielt es das Fürstenhaus drei mal für geraten,„Freiheitsfahnen“„aller höchst gnädigst“ zu verleihen;dasdeutetaufeinebeachtlicheDurchsetzungskraftderSeulbergerSchützenhin.Denn:welchesarme Fürstenhaus „gewährte“ schon etwas freiwillig? Es sieht so aus, als habe die napoleonische Herrschaft das Bestehender Seulberger Schützengesellschaft vorübergehend unterbrochen. Erst 1824 bildete sie sich neu. Überhaupt sind es Kriege und ihre Folgen, die den Bestand der Gesellschaft am stärksten gefährdet haben: unersetzliche Verluste an Mitgliedern, Verbote der Sieger, Not- und Mangelzeiten. Seit der erste Hinterlader in der Schützengesellschaft Seulberg benutzt wurde, sind noch keine 130 Jahre vergangen.
Vor 1879...